Vorzeitiger Samenerguss

Zusammenfassung: Der sogenannte "frühzeitige Samenerguss" (Ejaculatio praecox-EP) ist die häufigste Sexualstörung des Mannes. Erfahren Sie mehr über die Ursachen und Behandlungsmethoden der vorzeitigen Ejakulation.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine vorzeitige Ejakulation?

Definitionsgemäß versteht man unter dem frühzeitigen Samenerguss eine dauerhaft oder oft wiederkehrende Ejakulation bei sexueller Stimulation vor oder innerhalb von einer Minute nach dem Eindringen in die Vagina, die fehlende Möglichkeit, den Samenerguss immer oder in den meisten Fällen zu verzögern, und die daraus entstehende psychische Belastung, Enttäuschung sowie Vermeidung sexueller Aktivität.

Frühzeitiger Samenerguss wird erst dann als sexuelle Störung aufgefasst, wenn die oben genannten Kriterien erfüllt sind. Die Ursachen liegen in einem neurobiologischen Phänomen, wodurch es zur raschen Ejakulation kommen kann, und sind keine rein psychologischen Probleme.

Bei aller Unterschiedlichkeit sind den meisten Definitionen der Ejaculatio praecox folgende drei Punkte gemeinsam:

  • unzureichende Kontrolle der Ejakulation
  • Leidensdruck bei einem der Partner (unabhängig davon, ob hetero- oder homosexuell)
  • verkürzte intravaginale Latenzzeit (innerhalb von einer Minute)

Welche Ursachen hat die Ejaculatio praecox?

Mitunter kann die Störung auf einen organischen Auslöser zurückgeführt werden, – z.B. eine Entzündung der Harnröhre oder der Prostata. In den meisten Fällen lässt sich aber keine rein organische Ursache für die Ejaculatio praecox ausfindig machen. Die Ejakulation ist ein multifaktorieller Prozess an dem verschiedenste Zentren in Gehirn, Rückenmark und peripherem Nervensystem beteiligt sind.

Lange Zeit wurde die Ejaculatio praecox fast ausschließlich auf psychische Ursachen zurückgeführt. So etwa auf eine Konditionierung durch "negative" Erfahrungen im Bereich der Sexualität, die sich durch schnelle, flüchtige sexuelle Kontakte ergeben hat, oder auf einen "zu frühen" Beginn des Sexuallebens. Auch "zu wenig" Sex wurde als Auslöser angesehen.

Geringe eigene sexuelle Erfahrung kann ein Faktor des vorzeitigen Samenergusses sein, ebenso wie Angst – sei es vor sexuellem Versagen, vor emotionaler Bindung oder vor ungewollter Vaterschaft. Deshalb geht man inzwischen davon aus, dass psychische Komponenten wie überhöhtes sexuelles Leistungsdenken, die Vorstellung, ein schlechter Liebhaber zu sein, oder die Angst, schon wieder "zu früh zu kommen", eher dazu beitragen, immer wieder einen vorzeitigen Samenerguss "zu erleiden".

Mittlerweile wird der vorzeitige Samenerguss vonseiten der wissenschaftlichen Forschung mehr und mehr als neurobiologisches Phänomen betrachtet: Diesem Erklärungsansatz zufolge ist die sexuelle Funktionsstörung durch Unregelmäßigkeiten im Haushalt der Hirnbotenstoffe und durch eine veränderte Sensitivität der Rezeptoren dieser Neurotransmitter bedingt. Dafür spricht einerseits eine familiäre Häufung der EP, andererseits die Tatsache, dass sich einige Medikamente, die in den Haushalt der Neurotransmitter eingreifen, bei der Behandlung dieser sexuellen Funktionsstörung als wirksam erwiesen haben. Mehr Infis darüber auch auf imeds.com.

Wie wird eine Ejaculatio praecox diagnostiziert?

Die Diagnose "Ejaculatio praecox" basiert in erster Linie auf den Auskünften der betroffenen Personen. Im Gespräch sollte die Ärztin oder der Arzt den Patienten deshalb detailliert nach dessen Sexualleben befragen. Die offene Frage nach der Sexualität und der Zufriedenheit mit dem Sexualleben ermöglicht es, im Rahmen der Anamnese bereits wichtige Informationen zu erhalten.

Bei heterosexuellen Männern sollte unter anderem die Zeitdauer zwischen dem Einführen des Penis in die Vagina und dem Samenerguss angesprochen werden. Beträgt die IELT regelmäßig weniger als eine Minute, spricht man definitionsgemäß im Zusammenhang mit einer psychischen Belastung von frühzeitigem Samenerguss.

Unterschieden werden sollte, ob es sich um eine primäre Ejaculatio praecox, d.h. schon immer so gewesen oder sekundäre Form, d.h. erst im Laufe der Jahre aufgetreten, handelt. Die Unterscheidung ist wichtig, da sich die Therapieoptionen dahingehend verändern können.

Weitere diagnostische Verfahren, wie etwa Laboruntersuchungen von Blut oder Urin, dienen vor allem dazu, Grunderkrankungen (z.B. Prostatitis, etc.), die eine Ejaculatio praecox bedingen können, auszuschließen.

Wie kann ein vorzeitiger Samenerguss behandelt werden?

Nach der Unterscheidung in primäre oder sekundäre Ejaculatio praecox sollten nach intensiver Beratung des Betroffenen die Therapieoptionen besprochen werden. Das bis dato einzig zugelassene Medikament zur Therapie der EP ist Dapoxetin, ein Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), der in vielen Studien eine deutliche Verlängerung der IELT gezeigt hat. Dieses Medikament muss ein bis drei Stunden vor der sexuellen Aktivität eingenommen werden.

Grundsätzlich ist gerade auch bei der Problematik der Ejaculatio praecox eine Sexualtherapie sinnvoll, erfahrungsgemäß suchen viele Betroffene eine rasche Lösung, weshalb diese in vielen Fällen begleitend zur Medikation angeboten wird.

Andere Medikamente, wie der Einsatz von PDE-5-Hemmern, lokalanästhetischen Salben, Opiaten etc., sind möglich, die besten Resultate wurden jedoch mit den SSRI beschrieben.

Das Problem zum Thema machen!

Der vorzeitige Samenerguss zählt ohne Zweifel zu jenen Problemen, die zu einem erheblichen Leidensdruck führen können. Obwohl es sich um die häufigste Sexualstörung des Mannes handelt, glauben viele, mit diesem Problem allein zu sein, und versuchen, den Mantel des Schweigens darüber zu breiten. Dabei ist gerade Offenheit in diesem Zusammenhang in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung.

Einerseits ist es wichtig, der Partnerin oder dem Partner gegenüber offen zu sein. So lässt sich beispielsweise abklären, ob das, was man selber als "zu früh" empfindet, auch vom Gegenüber als "zu früh" eingestuft wird – oder ob man sich womöglich zu Unrecht sorgt. Sich seine Unsicherheit einzugestehen und ein allfälliges Problem gemeinsam anzugehen hat sich darüber hinaus nicht selten als ein erster, entscheidender Schritt hin zu einer Lösung erwiesen. Weiters kann durch die gemeinsame Beschäftigung mit dem Problem Schaden von einer Beziehung abgewendet werden.

Aber nicht nur in der Partnerschaft ist das offene Wort gefragt – auch Arzt oder Ärztin gegenüber gilt es die Schwierigkeiten bei der Kontrolle des Orgasmusreflexes anzusprechen. Nicht zuletzt, weil es Möglichkeiten der Behandlung gibt, sollten Betroffene nicht davor zurückschrecken, professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen. Als Anlaufstelle können etwa Urologinnen und Urologen, Sexualambulanzen oder spezialisierte Beratungseinrichtungen dienen.

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